Schwerstarbeiter für höchste Präzisionen – Werkzeugfräsmaschinen

Als technikfremder Zeitgenosse kann man mit dem inflationären Gebrauch des Begriffes „Werkzeug“ schon einmal durcheinander kommen. In der Tat sind mit diesem Begriff mitunter im weitesten Sinne verschiedene Dinge gemeint. Gemeinsam ist allen Werkzeugen, dass sie die Schnittstelle zwischen der Maschine und dem verarbeiteten Rohmaterial sind. Am Werkzeug wird das Produkt bearbeitet, so könnte man für den allgemeinen Sprachgebrauch diese Komponente einer Fertigungsmaschine definieren.

Unterscheiden muss man aber zwischen produktspezifischen und universell einsetzbaren Werkzeugen. Die produktspezifischen Werkzeuge können nur ein ganz bestimmtes Produkt auf eine ganz bestimmte Weise herstellen. Werkzeuge auf Spritzgussmaschinen können nur Kunststoffprodukte herstellen. Werkzeuge auf Pressen können nur Bleche umformen. Werkzeuge auf Stanzen können nur ganz bestimmte Konturen aus einem Blech heraustrennen. Werkzeuge in Druckgussmaschinen können nur Gussmetall-Produkte oder Produkte aus Glas herstellen. Für alle diese Produkte gilt: Will man auf ein und derselben Maschine ein anderes Produkt herstellen, ist jedes Mal ein komplett neues Werkzeug notwendig.

Universell einsetzbare Werkzeuge sind beispielsweise Fräsen. Diese Maschinen können mit einer Auswahl an Standardwerkzeugen ein beliebig ausgeformtes Werkstück herstellen. Jedoch hat dies seine Grenzen: Kunststoff- oder Glasprodukte können mit einer Fräsmaschine nicht hergestellt werden. Und ob der 3D-Druck tatsächlich alle traditionellen Herstellungsverfahren verdrängen wird, steht noch lange nicht fest.

Nun müssen die produktspezifischen Produktionswerkzeuge auch irgendwie erst einmal hergestellt werden. Dies ist aus mehreren Gründen eine Herausforderung. Vor allem die Masshaltigkeit der Endprodukte wird über die Qualität der Werkzeuge definiert, auf denen sie gefertigt werden. Deshalb werden an Produktionswerkzeuge höchste Ansprüche in den Masstoleranzen gestellt. Darüber hinaus müssen sie dauerfest ausgelegt werden. Jeder Kratzer und jede Beule in einem Fertigungswerkzeug überträgt sich umgehend auf alle Produkte, die auf ihm gefertigt werden. Die hohen Anforderungen an Produktionswerkzeuge machen sie extrem teuer. Der Preis einer Spritzguss- oder Stanzform kann leicht den Preis der Maschine übertreffen, auf dem sie gefertigt wird.

Für die Herstellung eines Werkzeugs stehen zwei Verfahren zur Verfügung. Das Erodieren und das Fräsen sind für diese Arbeiten die Standards. Das Erodieren ist sehr teuer und muss nicht unbedingt bei jedem Produktionswerkzeug zum Einsatz kommen. Viele Werkzeuge können auch gefräst werden. Doch herkömmliche CNC-Fräsen sind dazu nicht geeignet. Um ein Produktionswerkzeug anfertigen zu können, bedarf es einer speziellen Werkzeugfräsmaschine.

Werkzeugfräsmaschinen unterschreiten die Fertigungstoleranz von Erodiermaschinen nur geringfügig. Dafür können auf Werkzeugfräsmaschinen auch herkömmliche  Fräsprodukte hergestellt werden. Sie können aber auch harte Werkstoffe in der gleichen Präzision verarbeiten wie normale Konstruktionsstähle, die auf Universal-Fräsen eingesetzt werden. Harte Werkstoffe sind im Werkzeugbau sehr wichtig, da nur diese Materialien einen vertretbaren Verschleiss zulassen. Auch bei der Herstellung von Kunststoffprodukten findet im Werkzeug ein innerer Verschleiss statt. Um die Anzahl der herstellbaren Produkte auf einem Werkzeug möglichst hoch zu halten, muss der verwendete Werkstoff so hart und abriebfest wie möglich sein.

Werkzeugfräsmaschinen unterscheiden sich nur geringfügig von herkömmlichen Fräsmaschinen. Früher waren Werkzeugfräsmaschinen mit einem starren Fräskopf ausgestattet. Die Kinematik wurde über den Frästisch erzeugt, der die erforderlichen Bewegungen in x-, y-, und z-Richtung durchgeführt hat. Heute verfügbare Werkzeugfräsmaschinen haben jedoch einen hinreichend stabilen konventionell geführten Fräskopf, sodass diese weniger aufwändige Konstruktion zunehmend Standard wird. Wie bei anderen Fräsen auch, sind Werkzeugfräsmaschinen mit portalgeführtem Fräskopf, einem Mehrachsenfräskopf oder einem SCARA-Fräskopf verfügbar. Die Kinematik wird hydraulisch oder mit Schraubspindeln betrieben. Damit ist von der konstruktiven Seite die erforderliche Präzision jederzeit gewährleistet.

Insgesamt laufen jedoch die Fräsprozesse auf einer Werkzeugfräsmaschien langsamer ab. Es geht bei der Herstellung von Präzisionswerkzeugen weder um Schnelligkeit noch um Durchsatz, sondern alleine um Qualität. Dazu gehört auch, dass die Kühlschmierung beim Werkzeugfräsen nicht vernachlässigt werden darf. Diese muss bei jedem Fräsprozess eingeschaltet sein, um unerwünschte Wärmeeinträge im Werkstück oder Werkzeug zu vermeiden. Dies würde die Masshaltigkeit beeiträchtigen und das Bearbeitungswerkzeug vorschnell verschleissen. Wie bei herkömmlichen zerspanenden Maschinen auch, wird der Kühlschmierstoff in einem Kreislauf bewegt und dabei gefiltert.

Produktionswerkzeuge sind stets recht kompakte Werkstücke, was die Grösse der Werkzeugfräsmaschinen ebenfalls in einem überschaubaren Rahmen hält. Im Gegensatz zu riesigen Bohrwerken können Werkzeugfräsmaschinen deshalb in der Regel komplett eingehaust werden. Das vermindert den Schmutzeintrag von aussen und umgekehrt. Vor allem umherfliegende Frässpäne und Spritzer von Kühlschmierstoff werden mit einer Einhausung gut abgefangen.


Gesteuert werden moderne Werkzeugfräsmaschinen, wie CNC-Fräsen auch, mittels eines Programms. (Bild: Monkey Business Images / Shutterstock.com)
Gesteuert werden moderne Werkzeugfräsmaschinen, wie CNC-Fräsen auch, mittels eines Programms. (Bild: Monkey Business Images / Shutterstock.com)


Gesteuert werden moderne Werkzeugfräsmaschinen, wie CNC-Fräsen auch, mittels eines Programms. Die auf dem Gebrauchtmarkt noch verfügbaren rein manuell arbeitenden Werkzeugfräsmaschinen sind aufgrund ihrer hohen Fertigungspräzision nach wie vor sehr beliebt. Neben hobbymässigen Anwendern eignen sich diese alten Maschinen hervorragend zu Ausbildung von Zerspanungsmechanikern.

Entsprechend den hochwertigen Produkten, welche auf einer Werkzeugfräsmaschine hergestellt werden, sollte die Qualifikation der Anwender entsprechend sein. Eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker stellt für diese Arbeit lediglich eine Mindestqualifikation dar. Ideal ist eine Ausbildung zum Werkzeugmacher, wozu sich Zerspanungsmechaniker aber leicht weiterbilden lassen können.

 

Oberstes Bild: © sspopov – Shutterstock.com

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