Kuschelweiche Komfortbereiche im Unternehmen
VON Agentur belmedia Allgemein Betriebseinrichtung Büroeinrichtungen
In den Firmen befinden sich häufig kleinere Teeküchen, klug ausgestaltete Pausenzonen und manchmal Extras am Arbeitsplatz. Damit ist dann aber meistens auch schon Schluss. Anders sieht es in einigen grösseren Unternehmen des amerikanischen Silicon Valley aus. Dort wird die Arbeitsstelle zum Lebensmittelpunkt; kuschelweiche Komfortbereiche sorgen dafür, dass der Betrieb wie ein familiäres Zuhause wird. Und das nicht ohne Grund.
Einstellen, einbeziehen, verwöhnen und dann isolieren
Der Blick in solche Unternehmen wie Google, Facebook, Twitter, LinkedIn oder Evernote offenbart Erstaunliches. Die meist gut dotierten Mitarbeiter sind hier nicht nur schöpferisch und leistungsorientiert tätig, sie leben hier. Schon die Fahrt zum Arbeitsplatz darf als entspannt bezeichnet werden, denn in vielen Bereichen dieser Unternehmen existiert keine festgelegte Zeit für den Beginn. Nicht selten fährt der Angestellte mit dem von der Firma subventionierten Auto auf Arbeit oder er leiht sich einfach ein E-Mobil aus dem betriebseigenen Fuhrpark.
Über kulinarische Versorgungen wie Breakfest, Lunch oder kleine Leckereien zwischendurch braucht sich der Beschäftigte hier genauso wenig Gedanken zu machen wie um aufmunternde Getränke, die Kinderbetreuung oder seine eigene seelische und körperliche Fitness. In manchen Unternehmen dieser Couleur erübrigen sich Erledigungen ausserhalb, weil alles ganz praktisch auf dem Campus erhältlich ist bzw. sich erleben lässt. Ja, selbst Freunde oder den Partner fürs Leben findet man hier. Und wenn Bedarf besteht, organisiert der Global Player auch um die Putzfrau für daheim oder gibt den Mitarbeitern das Abendessen mit auf den Nachhauseweg.
Auf die Weise entstehen direkt am Arbeitsplatz echte Wohlfühlzonen, die allerdings letztlich auch für eine nicht wegzuredende Isolation sorgen. Die echten Freunde vom Leben vor Google, LinkedIn und Co. werden ausschliesslich durch Kollegen ersetzt. Sorgen des täglichen Lebens werden den Menschen zum grossen Teil abgenommen, denn es dreht sich doch alles nur noch um eine Sache: um die eigene Arbeit und die der Mitstreiter. Dadurch werden arbeitsbezogene Parallelgesellschaften geschaffen, die so etwas Ähnliches wie eine High Class der Arbeitnehmer züchten – das Lumpenproletariat von der Strasse bleibt praktisch draussen.
Das Ziel ist eindeutig, aber zweischneidig
Klar ist der Zweck dieser komfortablen Wohlfühlzone Arbeitsplatz: Lukrative Leistungen locken hochqualifiziertes Personal an, dieses lässt sich vom gehobenen Angebot der Arbeitgeber an den Job binden und letzten Endes gibt es kaum noch einen intelligenten Grund, das Unternehmen zu wechseln. Dies ruft eine besondere Art der Mitarbeiterbindung hervor, die den Angestellten vieles erleichtert oder sogar abnimmt, was der Durchschnittsbeschäftigte in den USA und woanders sonst kaum delegieren kann.
Die so entstehende Isolation umfasst nicht selten das gesamte Arbeitsleben. Begleitet wird es von informativen und spannenden Treffen mit den CEOs, die gerade regelmässig dort aufkreuzen, wo sich auch die Mitarbeiter während ihrer selbst gewählten Pausen aufhalten. Das kann zum Beispiel in der Cafeteria sein oder auch einmal im firmeneigenen Fitnessstudio oder der integrierten Spielhalle.
Diese eindeutige Bindung der Angestellten erscheint kritisch betrachtet durchaus auch zweischneidig. Das Paket des Rundum-aktiv-Wohlfühlens ist nämlich nicht einfach nur ein Komfortgeschenk, sondern es will auch verdient sein. Das passiert einerseits durch hervorragende und überdurchschnittliche Leistungen, andererseits aber auch mit einer Treue zum Unternehmen, die weit über die im Normalfall erwünschte Loyalität hinausgeht. Dadurch werden viele Abwerbungsversuche bereits im Keim erstickt. Oftmals verarmen die dort Beschäftigten aufgrund ihrer sozialen Integrität – und sie merken es nicht einmal. Wer allerdings einen Ausstieg hinter sich gebracht hat, sieht solche Unternehmen meist mit anderen Augen.
Die Einengung auf das eine Unternehmen, die soziale Isolation, aber auch die umschmeichelnden Angebote führen dazu, dass Freunde verloren werden. Letztlich dreht sich alles nur noch um die Arbeit. Das ist zwar nicht unbedingt nur schlecht, hemmt aber langjährig beschäftigte Mitarbeiter in ihrer sozialen Entwicklung und hebt sie in eine besondere Schicht innerhalb der Klasse der Wertschöpfenden.
Was Schweizer Unternehmen daraus lernen können
Der Komfort in Unternehmen der amerikanischen Global Player der modernen Wissens- und Kontaktindustrie beinhaltet für Arbeitnehmer wie auch die Unternehmen selbst ganz entscheidende Vorteile. Dadurch werden hohe Leistungen bereitwilliger erbracht, die Mitarbeiter lassen sich sehr einfach an die Firma binden. Das Plus der Leistungen ausserhalb der eigentlichen Arbeit bewirkt, dass die Beschäftigten oft uneingeschränkt gern im Unternehmen bleiben. An dieser Stelle dürfte manches Schweizer Unternehmen einen Nachholbedarf haben.
Allerdings sollte die Isolation der Beschäftigten und eine alleinige Fokussierung auf die Firma als Lebensmittelpunkt auf jeden Fall vermieden werden. Denn die Arbeit bedarf eines gesunden Ausgleichs, und das bedeutet, auch regelmässige Kontakte zum „wahren Leben“ zu haben. Die Einseitigkeit bezüglich der Orientierung der Mitarbeiter führt letztlich zu einer individuellen Verarmung der Menschen. Sind sie nur noch am Arbeitsplatz, wird sich das irgendwann auch negativ auf ihre Arbeitshaltung und die allgemeine Einstellung zum Unternehmen auswirken. Deshalb gilt es, ein kluges und gesundes Augenmass zu bewahren, auch wenn ein unüblich komfortables Plus an betrieblicher Integration durch besondere soziale Leistungen geschaffen wird.
Oberstes Bild: Komfortable Wohlfühlzone Arbeitsplatz (© wavebreakmedia / Shutterstock.com)