Spanplatten umseitig furnieren mit Kantenanleimmaschinen
Der mitteleuropäische Raum ist jedoch international dafür bekannt, für jede Herausforderung den passenden Maschinentyp entwickeln zu können. Wo ein Bedarf erkannt wird, machen sich die Ingenieure aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und Italien ans Werk und ruhen erst, wenn eine perfekte Lösung erreicht wurde.
Das geschah auch in diesem Fall. Heraus kam eine Maschine, welche aus der industriellen Verarbeitung von Furnierplatten nicht mehr wegzudenken ist. Die Kantenanleimmaschine ist die Familienbezeichnung aller Maschinen, welche eine Verkleidung mit Furnier nicht auf der Fläche, sondern an den umlaufenden Kanten anbringen können.
Kantenanleimmaschinen sind modular aufgebaut. Sie bestehen aus einem Grundgestell, welches alle Module für die serielle Kantenanleimung aufnimmt. Darauf befindet sich ein Förderband oder eine Fördervorrichtung mit angetriebenen Rollen. Diese Fördertechnik transportiert die ankommenden Platten von Modul zu Modul, bis das gewünschte Ergebnis erreicht wurde. Mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten können die verschiedensten Platten- und Furniertypen auf einer Kantenanleimmaschine verarbeitet werden. Das Furnier kommt als Streifen von einer Rolle. Mittels einer Führungsmechanik und einer Anpressrolle wird der Streifen an den gewünschten Stellen aufgebracht. Eine Schneidevorrichtung in Form einer Schlagschere und eines nachgeordneten Kapp-Aggregates trennt die Streifen auf den zehntel Millimeter genau an der richtigen Stelle ab. Statt mit Anpressrollen arbeiten manche Maschinen auch mit Riemenbändern. Je nach Anforderung ist die eine oder die andere Ausführung vorteilhafter. Angetrieben werden Kantenanleimmaschinen zumeist mit aufeinander abgestimmten Elektromotoren. Teilweise sind sie auch mit pneumatischen Komponenten verfügbar. Der Furnierstreifen wird mit Heisskleber aufgetragen. Dieser ist besonders wasserfest und verhindert ein Ablösen des Furniers auch bei einer höheren Beanspruchung des Werkstückes. Um den Kleber vollflächig zu verteilen, ohne dabei zu tropfen, werden Rollen verwendet. Diese sind leicht zu tauschen bzw. zu reinigen, sodass der Auftrag des Klebers stets in der gewünschten Qualität gewährleistet werden kann. Die Klebestelle wird anschliessend mit ultraviolettem Licht beleuchtet. Dies beschleunigt das Aushärten des Klebers.
Hochwertige Kantenanleimmaschinen haben eine Anpressrolle, welche mit einer beweglichen Mechanik ausgestattet ist. Damit können auch mit einer komplexen Kontur ausgeformte Spanplatten vollständig beklebt werden.
Man kann Kantenanleimmaschinen mit Wendestationen kombinieren. Diese drehen eine Spanplatte herum und führen sie wieder dem Produktionsprozess zu. So können sie umseitig bearbeitet werden. Effizienter ist es jedoch, die Module zum Anleimen der Kanten doppelt auszulegen. In dieser Weise konfigurierte Maschinen sind zwar teurer, dafür sind sie wesentlich effizienter. Besonders für Serienfertigungen sind die umseitig arbeitenden Kantenanleimmaschinen vorteilhafter. Tischlereien, welche Sonderanfertigungen, Einzelstücke oder bestenfalls Kleinserien produzieren, können auch mit einer einseitig arbeitenden Kantenanleimmaschine gute Ergebnisse erzielen.
Dieser Prozess des Anleimens einer Kante mit einem Furnierstreifen ist bei normalen 90°-Kanten einer Platte noch verhältnismässig einfach. Eine echte Herausforderung ist das Anleimen von Kanten bei konvex ausgeformten Kanten oder bei Kanten, welche stufenförmig ausgeformt sind. Das ist mit einer normalen Kantenanleimmaschine nicht möglich.
Für radiale oder konvex ausgeformte Kanten wird eine sogenannte „Softforming-Maschine“ eingesetzt. Diese ist annähernd identisch wie eine Kantenanleimmaschine aufgebaut. Lediglich die Anpressrollen, welche das Furnier nach dem Auftragen von Kleber an die Kante binden, sind austauschbar und können dem Radiusprofil der Kante angepasst werden. Zudem bestehen sie aus einem Weichgummi, der eine optimale Verteilung des Anpressdruckes gewährleistet. Ihren Namen hat die Maschine aufgrund der weichen Anpressrolle.
Um gestufte Kanten bearbeiten zu können, kommen die Postforming- Maschinen zum Einsatz. Die Mechanik zum Anpressen des Furnierstreifens ist besonders ausgeklügelt. In mehreren Stufen wird da Furnier gefalzt, gebogen, verklebt und angepresst, bis die Kante vollflächig und entsprechend ihrem Profil beklebt ist. Profile dieser Art findet man in Türen, Türzargen, Fensterrahmen oder Fassungen von Fenstern.
Kantenanleimmaschinen werden in Fertigungsstrassen mit Profilfräsen kombiniert. Diese fräsen die Kante in dem gewünschten Profil ab und bereiten sie für die Beklebung an der Kantenanleimmaschine vor. Diese Prozesse bedürfen grosser Sorgfalt und feiner Abstimmung. Zum einen muss die Kante für das Bekleben geeignet sein. Darum ist das reine Abfräsen in der Regel nicht ausreichend. Die Kante muss nach dem Fräsvorgang entgratet, geschliffen, poliert und gereinigt werden. Hierzu wurden die Profilziehklingen entwickelt, welche eine Kante in mehreren kleinen Schritten so nachbearbeiten, dass das Furnieren problemlos und in gleichbleibender Qualität möglich ist.
Die Reinigungsmodule einer Fertigungsstrasse zur Verarbeitung von Spanplatten müssen ebenfalls stets gut gewartet sein und einwandfrei funktionieren. Spanplatten sind weder reparierbar noch kann man sie sinnvoll wiederverwerten. Eine Spanplatte ist deshalb bei der kleinsten Beschädigung bereits Ausschuss und kann nicht mehr verarbeitet werden. Überstehende Reste von Klebern oder einfurnierte Splitter vom Fräsprozess sind deshalb in einer Serienfertigung ein wichtiger Hinweis auf Fehlfunktionen in den Reinigungsmodulen. Diese müssen stets im Blick gehalten werden. Zwar kann eine intelligent geplante Fertigungsreihe schnell grosse Mengen an Spanplatten verarbeiten. Arbeitskraft wird jedoch nur bedingt eingespart. Was man an manuellen Tätigkeiten nicht mehr benötigt, wird beim Warten und Instandhalten der Maschinen und bei der Qualitätssicherung gebraucht.
Oberstes Bild: © I T A L O – Shutterstock.com